NSG Schanzberge bei Brietzig

Wie ein Bahndamm durchzieht dieser bis zu 10 m hohe Höhenzug die Landschaft. Es handelt sich um einen Os – eine eiszeitliche Aufschüttung. Gebiete wie dieses lieferten den Beweis, dass die früher nur aus Schweden bekannten „Åser“ auch in Mitteleuropa vorkommen. Die Trockenrasen und Baumgruppen auf dem Os sind Habitat für Heuschrecken, Eidechsen und Vögel wie Baumfalke und Rebhuhn.

Die Schanzberge bei Brietzig befinden sich zwischen den Ortschaften Wilsickow und Papendorf in Höhen von 35 – 54 m NN. Das Schutzgebiet gehört zur Landschaftseinheit „Kuppiges Uckermärkisches Lehmgebiet“.

Wie ein Bahndamm durchzieht dieser eindrucksvollste Oszug der Wilsickower Osgruppe auf über 2 500 m Länge die flachwellige Grundmoränenlandschaft des Pommerschen Vorstoßes der Weichsel-Kaltzeit und erhebt sich dabei um durchschnittlich 10 m über diese. Der klassisch ausgeprägte Wall, dessen Kamm oft nur einige Meter breit ist und bis 40° geneigte Böschungen aufweist, erweckte frühzeitig das Interesse der Geologen, lieferte er doch (neben anderen) den Beweis dafür, dass die bis dahin nur aus Schweden bekannten „Åser“ auch im europäischen Vereisungsgebiet vorkommen. Wie Aufschlüsse im Os zeigen, besteht sein Inneres aus unregelmäßig steil aufgerichteten Schichten von Geschiebemergel und Schluff, während die Flanken aus Sand gebildet werden. Der Kamm besteht aus einer Decke von Sanden geringer Mächtigkeit, an dessen Basis häufig Blöcke auftreten.

Vermutlich wurde der Oszug seit dem späten Mittelalter von Schafen und Ziegen beweidet. Im 19. Jahrhundert wurde die Beweidung aufgegeben, und Laub- und Nadelgehölze wurden angepflanzt. So war schon in den dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts die westliche Seite des Wallberges bewaldet. Auf dem nördlichen Teil des Wallberges wurden 1996 die Gebüsche entfernt. Seither erfolgt hier wieder eine Beweidung mit Schafen. An verschiedenen Stellen des Oszuges wurden Sand und Kies abgebaut.

Der größte Teil des Schutzgebietes ist mit jungen Kiefern, Robinien und anderen Gehölzen bestockt. Auf den Kuppen, den südost exponierten Steilhängen und in den aufgelassenen Kiesgruben haben sich basiphile Halbtrockenrasen mit Gemeinem Sonnenröschen, Kleiner Wiesenraute, Gemeinem Wundklee, Kleinem Wiesenknopf, Zwerg-Schneckenklee, Kelch-Steinkraut, Wald- und Berg-Klee erhalten. Daneben kommen das Steppen-Lieschgras, Aufrechte Trespe, Großes Schillergras, Echter und Flaumiger Wiesenhafer, Gemeines Zittergras sowie die Fieder-Zwenke vor. Besonders hervorzuheben sind das Gefleckte Ferkelkraut, dass im mecklenburg-vorpommerschen Binnenland nur hier vorkommt, und die dunkle Unterart der Wiesen-Küchenschelle, die im Land ihren Verbreitungsschwerpunkt im östlichen Teil hat. Aus der Gruppe der Hutpilze wurden u. a. Samt-Ritterling, Papageigrüner und Kirschroter Saftling, Bereifter Tellerling, Gelbweiße Koralle und Mehl-Wiesenkoralle gefunden. Von den Bauchpilzen konnten z. B. Großer und Kleiner Schlüsselstäubling, Zwerg-Erdstern, Zitzen-Stielbovist und Gewimperter Stielbovist nachgewiesen werden. Die im Gebiet liegenden Findlinge sind Substrat für epilithische Flechten wie Rhizocarpon geographicum, Rhizocarpon distinctum, Acarospora fuscata, Lecidea fuscoatra, Xanthoparmelia conspersa, Lecanora polytropa und L. rupicola. Erwähnenswert sind auch die im norddeutschen Flachland sehr seltenen Strauchflechten Ramalina capitata und Umbilicaria polyphylla. Auf dem Oszug brüten Rebhuhn, Grauammer, Raubwürger, Baumfalke, Braunkehlchen und Sperbergrasmücke. Die Herpetofauna ist im Gebiet mit Zaun- und Waldeidechse, Laubfrosch, Wechsel-, Knoblauch- und Erdkröte vertreten. Bemerkenswerte Zikadenarten sind Laburrus impictifrons und Erythria aureola. Aus der Gruppe der Heuschrecken wurden u. a. der Rotleibige Grashüpfer, der Braune Grashüpfer, der Nachtigall-Grashüpfer, der Verkannte Grashüpfer und die Gefleckte Keulenschrecke nachgewiesen. Amara bifrons, Broscus cephalotes, Calathus melanocephalus, Calathus fuscipes und Bembidion pygmaeum aus der Gruppe der Laufkäfer konnten ebenfalls gefunden werden. Auf den Halbtrockenrasen wurden Malvendickkopffalter, Zwergbläuling, Schwalbenschwanz und Baumweißling beobachtet.

Jens Kulbe (Zweckverband Peenetal-Landschaft) hat einen interessanten Artikel zur Käfer-Fauna veröffentlicht.

Der Zustand des Gebietes ist befriedigend. Durch die exponierte Lage des Wallberges in der flachwelligen, großräumigen Ackerlandschaft werden Düngemittel eingetragen, die zur Verdrängung der Arten der Halbtrockenrasen und zur Dominanz des Hohen Glatthafers führen. Die Aufgabe der Beweidung förderte die Einwanderung von Robinien, Weißdorn und Wildrosen. Durch eine regelmäßige Beweidung mit Schafen kann dieser Prozess aufgehalten werden.

Öffentliche Wege gibt es im Gebiet nicht. Auf Parkplätzen an der Bundesstraße 104 und am Weg von Brietzig nach Starkshof stehen Informationstafeln, die Auskünfte zum Gebiet geben.

 

 

 

 

Quelle: Umweltministerium Mecklenburg-Vorpommern (Hrsg.): „Die Naturschutzgebiete in Mecklenburg-Vorpommern“, Schwerin, Demmler Verlag 2003, 720 S. – ISBN 978-3-910150-52-2. Mit freundlicher Genehmigung (c) Demmler Verlag

Stiftung Umwelt- und Naturschutz MV

Mecklenburgstraße 7
19053 Schwerin

Unser Partner:

Unsere Tochter: